Dienstag, 1. September 2015

"Gung-Ho" keine Analyse, aber einige wirre Überlegungen

Die ersten beiden Bände der Comicserie "Gung-Ho" - "Schwarze Schafe" und "Ohne Rücksicht auf Verluste" - hätten, wie in einem früheren Eintrag angekündigt wurde, eigentlich einer kritischen Analyse unterzogen werden sollen, jedoch  wird diese im Rahmen dieses Blogs nicht erfolgen. Deswegen soll an dieser Stelle lediglich gefragt werden, ob jene in dieser Comicserie enthaltenen Klischees und Stereotype die Qualität eines zu Beginn äußerst vielversprechend wirkenden Comics zerstören können?
Diese Frage muss sich jede:r Lesende selbst beantworten, hier sollen lediglich einige flüchtige Bemerkungen festgehalten werden. 
Zwar sind erst zwei von fünf Bänden erschienen und somit kann sich ein momentaner Eindruck als äußerst trügerisch erweisen, jedoch ist die nächste Veröffentlichung mit dem Jahr 2017 benannt, also in frühestens anderthalb Jahren, und dementsprechend ist der jetzige Zwischenstand durchaus - zumindest für die derzeitigen Leser:innen - von Dauer. Was hier nicht gesagt werden soll, ist, dass die Künstler sich beeilen sollen, ebendies wäre die gänzlich verkehrte Schlussfolgerung; lapidar könnte stattdessen gesagt werden, dass Qualität ihre Zeit einfordert.
© Cross Cult

Allerdings wirken nach zwei Bänden die Charaktere "Gung Hos" äußerst statisch und eher schablonenhaft; der coole fremde Angeber, die willenlose Drogenabhängige, der schweigsame Draufgänger, die überaus freizügige femme fatal, die kühle Kampfsport praktizierende Asiatin, das schöne Dummerchen, der treue Freund, das feige Großmaul und so weiter und so fort. 
Bereits an der Rückseite des ersten Bandes lässt sich an der Beschreibung dieses Comics "Regeln sind überlebenswichtig in der Gefahrenzone. Jedes Kind weiß das. Bis es ein Teenager wird!" die Entwicklung der ersten zwei Bände nachvollziehen und das Bild, welches ebendort von Jugendlichen und deren Persönlichkeit gezeichnet wird (bspw. B2 S,65-80). 
Als wären diese Klischees und Stereotype nicht genug, werden sexuelle Anspielungen und sexualisierte Darstellungen ohne erkennbare Funktion für die Handlung (vgl. "Splitternackt") schlicht als voyeuristische Abbildungen gezeigt (B1, S.11-12,39,50 u. B2, S.17,22-23,43-45). Auch wenn man den Autoren zugutehalten muss, dass sie teils diesen Voyeurismus als solchen ebenfalls gezielt dem Lesenden offenbaren (B2, S.19,43-45).
  © Cross Cult

Selbstverständlich kann man dies alles ganz anders sehen und das Gesagte im letzten Eintrag zu "Gung-Ho" hat gleichfalls noch seine Gültigkeit, nur wird bei genauerer Betrachtung ersichtlich, dass nicht alles in dieser Comicserie so gut geschrieben ist, wie es denn zuerst wirkt. Als Beleg hierfür sei nur die Funktionalisierung des Todes der Figur Liz genannt (B1, S.59), die und ihre Liebe zu Danny ein paar Seiten zuvor das erste Mal in "Gung Ho" auftauchen und sodann einen dramatischen Verlust markieren soll, der sich schließlich in der Rache Dannys bahnbrechen wird (B1, S.80). Aber kann man als Leser:in tatsächlich so viel Gefühl Liz gegenüber aufbringen, wenn man sie lediglich - wie auch ihre Liebe zu Danny - in nur sieben Panels skizziert bekommen hat? Und was für eine Charakterentwicklung ist bei Danny impliziert, wenn er seine Rache mit den Worten "Die haben Liz gefressen! Meine Liz!!!" (B1, S.80) begründet, wenn ebendiese Information alles ist, was die Lesenden über diese beiden Figuren vermittelt bekommen haben. Ähnlich mechanisch wirken nahezu alle in dieser Comicserie vorgeführten Figuren und gleichwie man sie auch betrachten mag, die Figuren bleiben stets ungelenke Marionetten des Handlungsverlaufs und erscheinen derart in keinster Weise wie tatsächliche Individuen.

Hiermit soll es was "Gung Ho" angeht, jedenfalls bis zur Veröffentlichung des dritten Bandes genug sein. Falls dieser Eintrag jedoch Anlass zu etwaigen Klagen bieten sollte, wird gerne in den Kommentaren zu jedweden Bemerkungen Stellung genommen werden.