Dienstag, 14. November 2017

Die Faszination der Variation - Die vielfältigen Animationen Shiho Moritas

Für das Bild des Animationsfilms gilt keine Beschränkung, sein Aushängeschild ist, wenn man so will, die kreative Vielfalt, die sich in der Alternative der Motive zeigt, in deren Abfolge aneinanderreiht und in ihrer stilistischen Vielschichtigkeit teilt. Denn Animationsfilme warten mit endlosen Spielarten sowie mit zahlreichen ungleichen Zeichen auf, die dem jeweiligen Werk einen ganz eigenen Ausdruck, aber auch eine individuelle Lesart verleihen können. 
„Zu den verschiedenen Arten des Animationsfilms zählen Zeichentrick, Puppentrick, Silhouettenfilm und Legetrick (oder cut-out animation), [...] der Objekttrick [...] und [...] die Computeranimation. Daneben existieren aber auch weniger bekannte Spielarten wie die Sandanimation [...] oder die Pixillation“1. Normalerweise wird seitens der Künstler, die sich dem Animationsfilm verschrieben haben, wenig Wert auf die Variation der Animationsart gelegt. Wenn sie Abwechslung in das Medium bringen möchten, im Idealfall nicht als bloßes Spiel mit Vielfalt, sondern um die Narration der jeweiligen Geschichte zu unterstützen, erfolgt dies fast ausschließlich über eine Änderung des Zeichenstils. Gelegentlich wagt manch einer noch den Griff zu Realfilmmaterial, aber den Schritt hin zu einer anderen Form des Animationsfilms sieht man selten. Allerdings gibt es sie durchaus Animatoren und Animatorinnen, die sich den verschiedenen divergenten Animationsarten für ihr Schaffen annehmen und hierdurch grandiose und abwechslungsreiche Atmosphären für das entsprechende Werk kreieren.
Ein prächtiges Exempel hierfür ist Shiho Morita, deren Kurzfilme sich nicht nur im Stil ihrer Zeichnungen wandeln, sondern sich über die verschiedensten Animationsformen erstreckten und diese mitunter auch miteinander kombinieren. An ihren Werken zeigt sich denn auch trefflich, dass der Stil sowie die Art der Animation und ihre Bedeutung für den jeweiligen Titel und wie sehr diese beiden zu einander passen, sich erst richtig in Massen fassen lassen. 
Unterschiedliche Animationsarten nutzt Shiho Morita des Öfteren um Erzählebenen klar voneinander abzugrenzen. So erzeugt sie in ihren Arbeiten vermittels von veränderten Farben und Stilen einen Kontrast zwischen zwei ungleichen Welten, gibt der beschwipsten Imagination einer Figur eine Leinwand oder visualisiert in gezeichneten Bildern die Vergangenheit eines Ortes. In anderen Werken wird durch die Verbindung von divergenten Animationsarten ein Filmbild erzeugt, dass in sich geschlossener wirkt, und dem Publikum etwas darbietet, was in sich allein durch die Verschmelzung unähnlicher teils gegensätzlicher Elemente fantastisch wirkt. 
Der Verzicht auf gesprochene Anteil zugunsten eines Fokus auf einzelne Details und einer stimmungsvollen musikalischen Untermalung erzeugt dabei in ihren Werken eine besondere Atmosphäre. Diese Atmosphäre wird nochmals durch die Verschiedenheit der Animationsarten verstärkt. Dies gab Shiho Morita in einem Interview anlässlich eines Filmwettbewerbs zu verstehen. Ebendort betonte sie den Einsatz von Farbe und Licht sowie den Versuch menschliche Emotionen über Bewegung auszudrücken. Dass sie derart das visuelle Hauptaugenmerk auf Bewegungen legen kann, liegt vor allem an ihrer Gestaltung des Filmbilds. 
Shiho Morita, die unter anderem für das Charakterdesign in verschiedenen Animefernsehproduktionen zuständig war, entwirft in vielen ihrer Werke durch eine bewusste Simplifizierung ihrer Figuren und deren Kleidung sowie teils durch eine Reduktion des Hintergrundbildes auf einige wenige Bestandteile, ein einfaches und ad hoc eingängiges Bild, welches erst die Möglichkeit bietet, die evozierten Emotionen und gezeigten Geschichten nonverbal und hierbei in aller Deutlichkeit auszudrücken. 
Im bereits benannten Interview unterstrich sie abschließend besonders die Ausdrucksmöglichkeiten der Animation. Kein anderes Medium habe eine ähnliche Ausdrucksfülle. Die Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Komponenten des Animationsfilms übersteige hierbei stets die eigene Vorstellungskraft und würde damit das eigentlichen Faszinosum dieses Mediums ausmachen.


Shiho Morita (森田 志穂)


1 Andreas Friedrich (Hrsg.): Filmgenres. Animationsfilm. S.10. 

Quellen:
Friedrich, Andreas (Hrsg.): Filmgenres. Animationsfilm. Reclam, Stuttgart 2012. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen